Die Lücke an der Wand

Worum geht es?

Als die Worpsweder Tourist-Information nach umfangreichen Umbaumaßnahmen Anfang 2013 wieder ihre Türen öffnete, wurde nicht nur der neu gestaltete Besucherempfang präsentiert, sondern auch eine Ortschronik, die an den Wänden angebracht war und für den „Künstlerort“ wichtige Jahreszahlen – von der Koloniegründung um 1889 bis heute – chronologisch darstellte.

Dabei wurde es unterlassen, die Zeit von 1933-1945 darzustellen.

Der Deutschlandfunk nahm sich des Thema’s an und sendete am 15.03.2013 ein Radiofeature mit dem Titel: „Die Lücke an der Wand – Der Mythos von der unpolitischen Künstlerkolonie Worpswede“.

Der Bürgermeister Stefan Schwenke, gleichzeitig Geschäftsführer der Worpsweder Touristik- und Kulturmarketing GmbH – und damit verantwortlich für die „Lücke“, erklärte im Interview, die Zeit des deutschen Faschismus schlichtweg vergessen zu haben: da „…hab ich auch nicht dran gedacht in der Zeit, als wir das fertig machten, das musste ja auch dann alles sehr flott gehen“. Zusätzlich zweifelte er die Lücke als solche an: „Ich weiß gar nicht, ob das so wie eine Lücke da wirkt.“

Leider entfernte der Deutschlandfunk den Beitrag 2021 aus seinem Archiv.

Glücklicherweise sind wir im Besitz des Originalmanuskripts: Lesen Sie hier das gesamte Radiofeature im Originalmanuskript.

Kurze Zeit nachdem das Radio-Feature gesendet wurde, füllte sich die „Lücke“ mit einem gefälligem Text: Endlich wurde nun auch die Zeit 1933-1945 benannt. Doch beim genaueren Hinschauen des nachträglich hinzugefügten Texts bleibt der Inhalt außerordentlich fragwürdig: U.a. werden die Worpsweder Künstler hier als Opfer dargestellt, sie seien angeblich gezwungen worden, Mitläufer und Unterstützer des NS-Regimes zu werden.

In einem zweiten Text „Nach 1945“, der bereits neben der Lücke existierte und also von Anfang an bestand, werden weitere zweifelhafte Inhalte vermittelt, wie etwa, dass der Begriff „Weltdorf“ nach 1945 von außen an den „Künstlerort“ herangetragen worden sei: Proklamiert hatte aber Fritz Mackensen das „Weltdorf“ 1938 auf dem 1. Niederdeutschen Malertag in Worpswede – mit dem Weltmachtanspruch der „Herrenmenschen“.

Im Sommer 2013 kommentierten wir die Texte „1933-1945“ und „Nach 1945“ und veröffentlichten diese auf unserer Website. Gleichzeitig forderten wir Herrn Schwenke als Verantwortlichen  in einem Offenen Brief auf, persönlich Verantwortung zu übernehmen und als Geschäftsführer der Worpsweder Touristik- und Kulturmarketing GmbH zurückzutreten und „… zukünftig als Bürgermeister die Geschichte Worpswedes während des Nationalsozialismus historisch verantwortlich [zu] vertreten.“

Herr Schwenke lehnte es ab, persönlich Konsequenzen zu ziehen.

Die zweifelhaften Texte begrüßen noch immer jeden Besucher in der Tourist Information, und zeigen ihm, wie man im „Künstlerdorf“ mit seiner NS-Geschichte umzugehen gedenkt.

Stand: 10.06.2022

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